Digitalisierungsprojekte

Unter den vom Bund geförderten Maßnahmen ist die Digitalisierung sicherlich das wichtigste und umfänglichste Ziel. Die Bedeutung der Digitalisierung von Exponaten und ihre anschließende Bereitstellung für die Öffentlichkeit hat sich nicht erst durch die Corona-Pandemie gezeigt. Museumseigene Portale zu digitalisierten Exponaten bieten die Möglichkeit, eigene Recherchen zum Bestand des Hauses anzustellen. Damit schafft das Museum Transparenz und erleichtert zugleich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Sammlung des Hauses.

Digitale Bestandskataloge und OnlineCollectionPLUS: Digitalisierung der Italienersammlung

Die 180 Tafeln umfassende Sammlung von italienischen Tafelbildern aus Mittelalter und Renaissance ist das Glanzstück des Lindenau-Museums Altenburg. Unter den Tafeln befinden sich Werke von Pietro Lorenzetti, Fra Angelico, Filippo Lippi, Domenico Ghirlandaio, Sandro Botticelli und Pietro Perugino. Gemeinsam mit einem externen Forscherteam werden derzeit Bestandskataloge zu diesen Werken erarbeitet, die zunächst digital veröffentlicht werden sollen. In einem nächsten Schritt werden die einzelnen Werk dann innerhalb unserer OnlineCollectionPLUS multimedial, mehrsprachig und barrierefrei erlebbar. Wir erzählen, aus welchen Orten die Bilder stammen, wo ehemals zusammengehörige Tafeln eines Altares heute in der Welt verteilt sind und streben visuelle Rekonstruktionen dieser Altäre an. Über eine Kommentarfunktion treten wir in Austausch mit den Nutzerinnen und Nutzern. Mit diesem Wissensmodul werden wir nicht nur unserem Bildungsauftrag gerecht, wir vermitteln europäische Kulturgeschichte auch auf anschauliche und spannende Art und Weise.

3D versus 360 Grad: Digitalisierung der Antikensammlung

Das Lindenau-Museum möchte einen Teil seiner Antikensammlung in 3D digitalisieren, um einerseits Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine umfassendere Beschäftigung mit den Antiken zu ermöglichen und andererseits Besucherinnen und Besuchern Lust auf die Highlights der Bestände zu machen.

Aktuell werden verschiedene Verfahren getestet, denn die dreidimensionale Erfassung ist zeitaufwändig und je nach Objektbeschaffenheit kostspielig. Bei griechischen Vasen mit teilweise hochglänzendem Glanztonüberzug sind Spiegelungen und Lichtirritationen zudem ein Problem für die Berechnung des 3D-Modells. Eine vollständige Vasensammlung in bester Qualität in 3D zu digitalisieren, ist derzeit noch nicht möglich. Hierzu bedarf es automatisierter Verfahren, da jedes 3D-Modell momentan eine Art Kunstwerk für sich ist und durch die nachträgliche Bearbeitung schwieriger Partien oder auch des Glanzeffektes nicht zwangsläufig eine Wiedergabe des Originals.

Das 3D-Modell wird mittels Photogrammmetrie erfasst. Das bedeutet, dass ein Programm aus einer Reihe von sich überlappenden Fotos Passpunkte findet und eine Punktwolke mit dreidimensionalen Daten erstellt. Die Qualität des Modells hängt dabei vor allem von der Qualität der Fotografien ab. Daher ist bei vielen 3D-Modellen der Unterschied zum Original noch deutlich spürbar, erwecken sie doch häufig noch einen eher unnatürlichen, an Computerspielgrafik erinnernden Eindruck.

Aus diesem Grund wurde auch die viel günstigere Methode der 360°-Aufnahme getestet, wobei es sich streng genommen nicht um 3D handelt, die Dreidimensionalität des Objektes jedoch erfahrbar wird. Vorteil dieses Verfahrens ist die realistische Wiedergabe des Objektes mittels hochauflösender, umlaufender Fotos zu einer Art Film. Gleichzeitig ist es möglich, in kurzer Zeit und bei geringem Kostenaufwand eine große Menge an bspw. Vasen zu digitalisieren. Allerdings kann das Objekt, wie in unserem Beispiel die attische Vase, nicht aus verschiedenen Winkeln betrachtet werden. In jedem Fall ermöglicht die 360°-Aufnahme aber detaillierte und erste räumliche Informationen, die dem normalen Objektfoto fehlen. So stellt sich letztlich generell die Frage, ob eine echte dreidimensionale Erfassung in jedem Fall notwendig ist.

Vasenbeschreibung

Die Vasenmaler in den attischen Töpferwerkstätten arbeiteten ikonographisch meist mit Formeln, d. h. sie variierten nur in Details und in Anordnungen. Die Figuren aber, aus denen sich die Bildszenen zusammensetzten, wurden künstlerisch eigentlich nicht neu gedacht und entworfen. Die Austauschbarkeit von Nebenfiguren zeigt sich besonders gut an diesem Altenburger Vasenbild, das gerade seiner gängigen Ikonographie wegen Spannendes zu erzählen hat. Zudem zählt es zu den schönsten schwarzfigurigen Stücken des Altenburger Bestandes.

Auf den ersten Blick handelt das Bildthema vom Kampf um Troja, erkennbar am gerüsteten Krieger in der Mitte, der einen gefallenen Kameraden trägt. Ikonographisch ist diese Zweiergruppe genau festgelegt. Es ist der Held Aias, der den Leichnam eines weiteren Helden der Ilias, Achilles, vom Schlachtfeld trägt. Bei den Nebenfiguren gelingt eine Deutung schon schwieriger. Ist die aus dem linken Bildrand eilende, durch ihre wie Windmühlenflügel erhobenen Arme einen panischen Gestus darstellende Frau Achills Mutter, die göttliche Thetis? Ist es eine Nereide, eine Schwester der Thetis? Ist es Polyxena, Tochter des Priamos, die sich unglücklich in Achilles verliebt hatte? Und handelt es sich bei dem vom attischen Töpfer so sorgfältig ausgeführte Bogenschütze in orientalischer Tracht rechts davon um Teucer, den Halbbruder von Ajax, der als berühmter Bogenschütze an dessen Seite um Troja kämpfte? Ist es gar Paris, der den todbringenden Schuss tat? Und der Alte am rechten Bildrand, wäre er dann als Peleus, Vater des Achilles zu deuten?

Im Gegensatz zum zentralen Paar ist die ikonographische Bedeutung der anderen Figuren so allgemein, dass es kaum überzeugend scheint, konkrete Namen zu vergeben. So handelt es sich bei allen diesen Nebenfiguren um standardisiertes Personal, das nicht zwangsläufig mythologisch zu besetzen ist. Alle drei, auch der Bogenschütze, erscheinen nämlich bei einem zweiten Thema in gleicher Form, das ebenfalls mit dem Trojanischen Krieg verbunden ist: Aeneas, der seinen Vater Anchises aus dem brennenden Troja trägt. Hierzu tauschten die attischen Vasenmaler meist nur die zentrale Gruppe aus – deren Grundmotiv des einen Mann tragenden Mannes bestehen blieb – und erhielten eine neue Szene. In der schwarzfigurigen Vasenmalerei des letzten Drittels des 6. Jh. v. Chr. waren beide Themen sehr populär.

Attisch-schwarzfigurige Olpe
dot-ivy Klasse
um 525 v. Chr.
H. 24 cm
Inv.-Nr. CV 43
CVA Altenburg 1, Taf. 33, 34 (203)

3D-Modell (erstellt vom eScience-Center Uni Tübingen)
360°-Video (erstellt durch punctum FOTOGRAFIE)
Das weiße Gold: Digitalisierung asiatischer Porzellane

In einem gemeinsamen Projekt zwischen dem Lindenau-Museum und dem Schloss- und Spielkartenmuseum in Altenburg wurde zuletzt eine Sammlung chinesischer und japanischer Porzellane bearbeitet, die Bernhard August von Lindenau dem Altenburger Schloss 1845 übereignete. Wann und wo Lindenau die Porzellane erworben hat, ist weitestgehend unbekannt, da die entsprechenden Belege dafür fehlen. Das „weiße Gold“ wird jedoch bis heute im Residenzschloss ausgestellt oder im Depot verwahrt. Wie noch vorhandene Karteikarten aus den 1950er- und 60er-Jahren zeigen, befassten sich bereits zu dieser Zeit die Angestellten im Schloss mit den Porzellanen. Auf jeder Karteikarte befindet sich mindestens eine Inventarnummer, eine Objektbeschreibung und ein Objektfoto.

1998 zeigte das Schloss eine Sonderausstellung mit dem Titel „Ostasiatisches Porzellan im Altenburger Schloss“. Als Begleitband zu dieser Schau wurde ein umfangreicher Katalog publiziert. In den Jahren nach dieser Ausstellung legte sich jedoch ein zarter „Dornröschenschlaf“ über die Porzellane und eine weitere Erschließung der Objekte, wie etwa die Aufnahme der Daten in eine digitale Sammlungsverwaltung, konnte nur teilweise realisiert werden. Diese Erschließung wurde nun weitergeführt und im März 2022 zum Abschluss gebracht.

Für die digitale Objektdokumentation nutzen das Schloss- und Spielkartenmuseum und das Lindenau-Museum die Sammlungsdatenbank digiCULT.web. In diese Datenbank pflegten im Rahmen des Projektes zwei Angestellte des Lindenau-Museums circa 400 Einzelobjekte ein. Ziel ist es hierbei, die bekannten Daten zu erfassen und zugänglich zu machen. Bei der Erschließung werden folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt: Es soll ein schnelles Auffinden des digitalen und physischen Objektes nach einer Suchanfrage gewährleistet sein, die wissenschaftlichen Daten werden festgehalten und können in Zukunft ergänzt werden, der Zustand der Objekte wird beschrieben und anhand von Fotografien dokumentiert und jede inventarisierte Musealie kann durch das Onlinestellen der Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das nutzt nicht nur kunst- und kulturinteressierte Personen, sondern bereichert auch die internationale Forschungsarbeit.

Neben dem digitalen Erschließen der Objekte müssen diese auch physisch erfasst werden. Hierbei wird auf jedes der Objekte eine einmalig vergebene Inventarnummer an einer unauffälligen Stelle aufgetragen. Diese Nummer muss einerseits abriebfest, andererseits jedoch auch reversibel sein. Nach dem Auftragen dieser Nummer wird der Standort des Objektes geprüft und diese Informationen ebenfalls in der Datenbank dokumentiert. Neben dieser klassischen museologischen Erschließung sollen einige ausgewählte Objekte mit einer 360 Grad-Objektfotografie und einer 3D-Photogrammmetrie zusätzlich erschlossen werden. Die gewonnen Daten werden visualisiert und ebenfalls online gestellt.

Erfassung eines Tellers in digiCULT