Meister der Kontur und Silhouette Ernst Moritz Engert (1892–1986)
17. Januar 2015–13. April 2015
Der 1892 in Yokohama/Japan geborene Ernst Moritz Engert gilt heute als der expressionistische Scherenschnittkünstler schlechthin. Er befreite den Scherenschnitt stilistisch wie thematisch vom Beigeschmack des Biedermeierlich-Kunsthandwerklichen und führte ihn mit beeindruckender Virtuosität zu neuer künstlerischer Bedeutung. Der Meister der Kontur und Silhouette zählt zu den eigenwilligsten und ungewöhnlichsten Künstlern der 1920er Jahre. Faszinierend sind nicht nur seine Porträtsilhouetten, die frühen, teils kubistisch-futuristischen Holz- und Scherenschnitte, sondern auch sein unstetes Bohème-Leben.
Ernst Moritz Engert war ein begnadeter Porträtsilhouettenschneider. Die Liste seiner geschnittenen Bildnisse ist ein Who's Who der Zeitgeschichte, insbesondere der 1920er Jahre: Wilhelm Worringer, Joachim Ringelnatz, Karl Wolfskehl, Stefan George, Georg Schrimpf, Hans Bellmer, Lou Albert- Lasard sind zu nennen. Der Künstler widmete sich auch dem Schattenspiel, entwarf Bühnenbilder und fertigte die Figuren selbst an. Das August Macke Haus Bonn konnte einige originale Schattenspielfiguren aus den 1920er Jahren erwerben, und auch in Altenburg sind die zwischen 30 und 40 cm hohen Sperrholzfiguren zu sehen. Ferner entstand eine Reihe von Theaterschnitten zu den verschiedensten Stücken. In den 1930er Jahren arbeitete Engert als Pressezeichner und Werbegraphiker. Nach dem Krieg ließ er sich in Hadamar, woher die Familie stammte, nieder, konnte allerdings an seine Erfolge nicht mehr anknüpfen. In den 1970er Jahren erfuhren Engert und sein (Früh-)Werk eine Wiederentdeckung. Der Künstler stiftete den Großteil seines Œuvres der Stadt Limburg an der Lahn, die sein Werk in Ausstellungen und Publikationen lebendig hält. Durch Stiftungen der beiden Töchter befindet sich ein umfangreicher Komplex an Arbeiten im August Macke Haus Bonn.
Die Ausstellung im Lindenau-Museum folgt Engerts Biographie in neun Kapiteln: von Studium und Aufbruch in München 1909–1912, der Avantgardeszene in München und Berlin 1912–1924, Bonn und Darmstadt 1913–1920 bis zum Ersten Weltkrieg 1914 – 1918. Engerts Arbeiten zum Schattentheater, die Zusammenarbeit mit dem Schwager William Hunt Diederich, einem amerikanischen Bildhauer, Illustrationen, Gebrauchsgraphik und Pressezeichnungen werden ebenso vorgestellt wie die Arbeiten aus dem Kriegsgefangenenlager in Frankreich und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Neben Scherenschnitten sind Holzschnitte, Radierungen, Tuschezeichnungen, Aquarelle und Schattenspielfiguren aus Holz zu sehen. Die Auswahl für die Ausstellung traf Franz Josef Hamm, Limburg an der Lahn, dem herzlicher Dank auch für die Leihgaben aus seinem Besitz gilt.