Wolfgang Hilbig


PASSAGE /o.J.


Fern in den Wüsten wechseln Nacht und Tag
sich feindlich ab mit schallendem Schlag
indes hier Macht und Ohnmacht Seit an Seite hinken
um graue Straßenwinkel die nach Frieden stinken.

Etwas folgt mir
einer Säuferstimme gurgelnder Betrug:
ob Gotteswort ob Sternentier
des Weltalls letzter Atemzug
der heiß von rotem Sand ist blau von weißem Eis ...

O lasset mich des Lebens Ordnung tief verletzen -
selbst über Wüsten türmen Sterne ihren stumpfen Kreis
und stürmen kalt in ihren Grenzen und Gesetzen.


PASSAT /2000


Und dann nahmen wir eine Grenze.- Sahen die Doppelfeste
des Herakles das enge Tor zwischen den Säulen wir sahn den
verbrannten Basalt. Und fuhren hindurch und fortan sahen
wir nichts mehr. Abschüssig die See ohne Ende fuhren wir
hinab in einem einzigen langen Atem der uns trieb ... oder in
einem einzigen Sog der uns einsog. In die Weite vor uns die
wir überholten bis auch hinter uns nichts war als Weite. Die
Weite abwärts in einem einzigen Wind.
Mit dem letzten Schiff mit den letzten Männern.
Laßt uns erkennen die See sagte die Stimme im Vorschiff.
Die Stimme des Einen der wir nicht glauben der wir nur stau-
nend folgten ... die Stimme jenes Idioten der Unrast. Der sich
selbst nicht kannte jener eine ohne Vorfahr. - Denn schneller
altern wir als eine Welle weiß wird auf ihrem Kamm über der
Tiefe. Wir sind nicht geboren zu bleiben. Also laßt uns den
Bug in die Seere lenken. Fort von der heiligen Heimat die ein
Grab ist für Hunde.
Mit dem letzten Schiff mit den letzten Männern.
Und die Sonne ging nicht mehr unter. Wir überquerten die
Äquinoktien wir fuhren in dauerndem Licht.
Bis wir eine neue Grenze gewahrten.


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