Museumspädagogik in der Ausstellung „Vier Winde“
MäderKids bringen Farben zum Tanzen
In der Ausstellung „Vier Winde“ der Gerhard-Altenbourg-Preisträgerin Pia Fries haben sich 12 Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Erich Mäder in Altenburg die Frage gestellt: Wie bringe ich Farbe zum Tanzen? Die Umsetzung gestaltete sich lustig und wild.
Farbe tanzt
Als das Lindenau-Museum Altenburg am 12. November 2017 den zehnten Gerhard-Altenbourg-Preis an die Schweizer Künstlerin Pia Fries verlieh, stand für uns Museumspädagoginnen des Museums fest, dass wir zu ihrer Ausstellung einen Workshop für Kinder und Jugendliche anbieten möchten. Die Kulturagentin der Partnerschule organisierte die nötige Fianzierung. Der Workshop „Farbe tanzt“ wurde von dem Leipziger Maler und Grafiker Markus Bläser praktisch angeleitet.
Die Kunst von Pia Fries ist im Gegensatz zur Kunst der historischen Sammlungen des Bernhard August von Lindenau unter anderem auch vom Zufall bestimmt. Es gibt keine absolute Aussage, die uns aus ihren Werken entgegenspringt. Wir dürfen uns eine eigene Deutung erarbeiten, uns hineinfühlen und in Kommunikation mit dem Bild treten.
Doch wie anfangen? Wo setzt man bei solch freier Kunst an? Zu Beginn haben mich einfach nur die Farben begeistert. Sie tanzen, springen, fliegen. Doch das viele Durcheinander hat es schwer gemacht, einen eigenen Zugang zu dieser zeitgenössischen Kunst zu finden. Worauf soll man sich konzentrieren? Wo ist ein Bezugspunkt? Wie schaffen wir es, mit den Kindern und Jugendlichen des geplanten Workshops ins Gespräch zu kommen? Worüber möchten wir eigentlich reden?
Ein Wort
Viele Fragen und noch keine konkreten Antworten. Eine mögliche Antwort fand ich während des zweiten Moduls im lab.Bode Fortbildungsprogramm für Volontär_innen im Bode-Museum in Berlin. Wir arbeiteten viel mit Wortkarten. Bereits im ersten Modul hat Claudia Ehgartner, die seit 2017 Kuratorin Kunstvermittlung am mumok in Wien ist, uns Volontär_innen ein Format der Wortkarten vorgestellt.
Somit habe ich angefangen, zusammenzutragen, welche Wörter mir beim Betrachten der Werke von Pia Fries als erstes, dann als zweites, als drittes usw. in den Sinn kommen. Das waren zum Beispiel: leise, Chaos, Liebe, Freude, dick, Wind, Leben, laut und viele mehr. Während einzelner Kurzführungen mit unterschiedlichen Klassenstufen von Gymnasien und Regelschulen, habe ich die Wortsammlungen der Schüler_innen mit meinen verglichen und ergänzt.
Bilder erzählen
Ich war aufgeregt, ob das Format funktionieren würde. Mittels der neu gewonnenen Sammlung an Wortkarten haben sich im Dezember 2017 die Schüler und Schülerinnen der Gemeinschaftsschule Erich Mäder im Workshop „Farbe tanzt“ in der Ausstellung „Vier Winde“ den Werken von Pia Fries genähert.
Paul, Alina, Lara und alle anderen nahmen sich eine Wortkarte und suchten sich ein Werk in der Ausstellung, welches ihrer Meinung nach zur Wortkarte passte. Dann wurde in einem gemeinsamen Rundgang von jedem das entsprechende Werk vorgestellt. Es war so erstaunlich, wieviel wir in den Bildern entdeckten:eine Teekanne, Tornados, Kakteen, Autorennbahnen, Krokodile, Zahnpasta und so vieles mehr. Jeder hat auf seine Weise einen Zugang zum Werk gefunden. Für mich war es toll zu sehen, wie glücklich der eine oder andere war, dass er uns mit dem Kunstwerk bekannt gemacht hat, obwohl zu Beginn viele Stimmen von „versteh ich nicht“ und „keine Ahnung“ sprachen. Im weiteren Verlauf des Workshops haben wir uns die verschiedenen Wirkungen von Farben deutlich gemacht. Dabei haben uns die Wortkarten noch einmal sehr geholfen. Es gab Karten mit den Wörtern der Grundfarben und Sekundärfarben. Dazu sollte ein zweites Wort gefunden werden, welches die Farbe genau beschreibt. Zum Beispiel „Himbeer-Rot“, „Wiesen- oder Apfel-Grün“, „Blaubeer-Blau“ oder „Eichhörnchen-Braun“ und so weiter.
Mut zum eigenen Tanz
Schließlich konzentrierten wir uns auf die Verwendung des Siebdruckes in den Werken. Pia Fries ließ sich von Maria Sibylla Merian (1647–1717) inspirieren. Fragmente aus deren Stichen und Radierungen zu Pflanzen und Insektenstudien fanden als Siebdrucke Eingang in die Malerei der Künstlerin. In gleicher Weise faszinierte uns die Werkgruppe corpus transludi (seit 2015), in welchem die „vier in Fragmenten wiedergegebenen Himmelsstürmer von Hendrik Goltzius (1558–1617) aus allen Wolken fallen“.
Am letzten Tag des Workshops waren die Kinder und Jugendlichen selbst gefragt, sich gleichfalls mit der Vermischung beider künstlerischer Techniken zu versuchen. Wir wählten den Linolschnitt, ein Hochdruckverfahren, der uns in der Handhabung an einem Tag zu bewältigen erschien. Inspiration für die Linolschnitte fanden die Schüler und Schülerinnen in der Gipsabguss-Sammlung des Museums. Gedruckt wurde auf A0 - Format. Wir wählten bewusst Papier als Trägermaterial, um in den Räumen flexibler arbeiten zu können.
Es war interessant zu sehen, wie unterschiedlich der Umgang mit den zwei verschiedenen Techniken auf ein Trägermaterial war. Einige trauten sich nicht, den Linolschnitt auf ihrem Papier mit Farbe zu überdecken oder darauf herumzukratzen. Andere experimentierten beherzter und benutzten unterschiedliche Hilfmittel beim Auftragen der Farbe. Pinsel, Spachtel, Finger und Löffel tanzten übermütig über das Papier. Die Suche nach Antworten hatte sich gelohnt!
Wann habt ihr das letzte Mal Farben zum Tanzen gebracht? Berichtet uns über Eure Techniken, Kunstwerke zu entdecken!
Jacqueline Glück
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