2015

Marta Dal Sasso Bernhard von Lindenau Stipendium 2015

Der 225. Geburtstag und 150. Todestag des "Gelehrten, Staatsmannes, Menschenfreundes und Förderers der schönen Künste" Bernhard August von Lindenau im Jahre 2004 war Anlass, ein Kunststipendium zu begründen. Mit der Förderung im Sinne des Museumsgründers soll jungen bildenden Künstlern unmittelbar nach Abschluss ihres Studiums eine Chance zu unabhängiger, experimenteller Arbeit und deren Präsentation in einem renommierten Kunstmuseum gegeben werden.
Marta Dal Sasso, geboren 1979 in Schio bei Vicenza in Italien, hat zunächst an der Académie Royale des Beaux-Arts, Brüssel studiert. 2008 war sie Stipendiatin an der Internationalen Sommerakademie Salzburg. 2012 begann sie ein Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden in der Klasse von Ralf Kerbach und nahm an der Berliner Liste, Messe für zeitgenössische Kunst, Galerie Leonart, Berlin, teil. Seit Sommer 2013 ist sie Meisterschülerin bei Prof. Ralf Kerbach. Marta Dal Sasso lebt in Brüssel und Dresden. Sie widmet sich Malerei und Zeichnung gleichermaßen und schreibt über ihre Kunst: "What I paint is the result of contamination between seemingly polarized elements. What needs to be given up in order to achieve transformation?"

Faltblatt zur Ausstellung

In Szene gesetzt Aus Porträts werden Kleider

Farbenprächtig und mondän, aufwendig und detailverliebt oder frisch und modern, präsentieren sich die Dargestellten auf den vielseitigen Porträts des Lindenau-Museums – ganz gemäß der Zeit, in der sie lebten.
Die neue Sonderausstellung nimmt ihre Gäste mit auf eine Zeitreise durch die Welt der Kleider und Kostüme. Dank der großen Vielfalt der Gemäldesammlung beginnt diese Reise schon im 15. und 16. Jahrhundert mit namhaften Malern wie Domenico Ghirlandaio und Lucas Cranach. Barocke Porträts des 17. Jahrhunderts – wie das des Winterkönigs aus der Werkstatt des Michiel van Mierevelt schließen sich an. Ihnen folgen Werke aus dem 18. und 19. Jahrhundert wie Die Römerin, eine Vase auf dem Kopf tragend von Oscar Begas oder die Albanerin von Ludwig Doell. Die Porträtmalerei des 20. Jahrhunderts wird unter anderem durch Porträts von Raoul Hausmann und Pamela Wedekind präsentiert, die der Maler Conrad Felixmüller schuf.
Einige Kostüme der Porträtierten treten in der Ausstellung aus ihren Bildern heraus und werden plastisch erlebbar. Die Studierenden der Hochschule für Bildende Künste in Dresden Janina Fischer, Moritz Haakh, Sebastian Helminger, Anne Sophie Lohmann, Anna Lutz, Mareike Müller, Nora Schewe und Olga Schulz haben diese Kostüme historisch genau hergestellt.
Zahlreiche in der Ausstellung gezeigte Werke konnten im Vorfeld dank verschiedener Spenden restauriert werden.
Ein besonders herzlicher Dank geht an die Ernst von Siemens Kunststiftung, die eine größere Summe für drei Porträtrestaurierungen großzügig und unkompliziert zur Verfügung gestellt hat.

Das Lindenau-Museum zeigt nun eine Fülle dieser Porträts – mit und ohne Kostüm. Ein eigener Ausstellungsraum ist den Kinderbildnissen gewidmet. Die beeindruckenden Porträtphotographien von Oliver Mark und die Porträtmalerei des Künstlers Tilman Kuhrt führen die Ausstellung in die Gegenwart.

Faltblatt zur Ausstellung

Souvenir de Rome Ansichten aus Rom und Umgebung von Angelo Uggeri (1754–1837)

Bei der Betrachtung der sehr detailreichen und stimmungsvollen Ansichten von Angelo Uggeri aus Rom und Umgebung unternimmt der Betrachter virtuelle Spaziergänge durch die ewige Stadt und ihr Umland zu Beginn des 19. Jahrhunderts: vom Pantheon zum Kolosseum, an Triumphbögen vorbei, der Lateranbasilika, dem Petersdom, durch die Stadttore nach Tusculum und bis zum Wasserfall des Aniene in Tivoli. In Bernhard August von Lindenaus Kunstbibliothek befinden sich drei Alben mit fast 250 Ansichten des Architekten und Abbés Angelo Uggeri.

Uggeri war Jesuit und gescheiterter Architekt aus Mailand, der seit 1788 in Rom lebte und zu den bekanntesten Antiquaren und Archäologen zählte. Er kannte die römischen Baudenkmäler sehr gut und führte auch viele deutsche Romreisende durch die Ewige Stadt. Von 1800 bis 1814 gab er mehrere Bände mit Ansichten von antiken Bauwerken aus Rom und Umgebung heraus: Journées pittoresques des édifices de Rome ancienne / Giornate pittoresche degli edifizi antiche de circondari di Roma. Die darin abgebildeten Radierungen überarbeitete Uggeri nachträglich mit Tusche braun in braun. So entstanden für jedes Album individuell lavierte Ansichten von ausgezeichneter Qualität.

Uggeris Rom-Ansichten werden im Lindenau-Museum erstmalig in einer monographischen Ausstellung gewürdigt. Ab dem 1. August werden insgesamt 80 ausgewählte Blätter präsentiert. Zu sehen sind außerdem hochwertige Architekturmodelle aus Bronze und Kork sowie weitere Schätze aus Lindenaus Kunstbibliothek.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Altenbourg im Dialog III Julius Bissier (1893–1965)

Mit der Ausstellung Altenbourg im Dialog III - Julius Bissier (25. April bis 19. Juli) widmet sich das Lindenau-Museum Altenburg erneut den künstlerischen Korrespondenzen, die sich aus dem Schaffen des bedeutenden Zeichners, Druckgraphikers und Buchkünstlers Gerhard Altenbourg ergeben. Anlässlich seines 50. Todestages treten diesmal Werke von Julius Bissier (1893 Freiburg i. Br.–1965 Ascona/Schweiz), einem national bedeutsamen Künstler, in den Dialog mit Arbeiten des Altenburger Meisters. Anhand von Tuschezeichnungen, Eiöltemperabildern, Holzschnitten, Monotypien und Aquarellen, die um Malutensilien des Künstlers wie selbst gebundene Pinsel erweitert werden, können im Lindenau-Museum Verbindungen in den Arbeiten von Bissier und Altenbourg entdeckt werden. Verbindendes Element in diesem Dialog sind die tiefgehende Vorliebe beider Künstler für ostasiatische Kalligraphie, Philosophie und Literatur, insbesondere den Zen-Buddhismus. Vor allem in den Tuschezeichnungen beider Künstler fallen überraschende formale Ähnlichkeiten ins Auge, die zugleich an ostasiatische Kalligraphien erinnern.

Doch während Altenbourg selten rein abstrakte Kompositionen zu Papier gebracht hat, wandte sich der eine Generation ältere Bissier bereits Ende der 1920er Jahre der ungegenständlichen Malerei zu. Dies führte dazu, dass er seine Tuschezeichnungen während des Dritten Reiches nur nachts schaffen konnte, immer in der Angst vor Entdeckung. Für den Lebensunterhalt sorgte die Handweberei seiner Frau Lisbeth, für die der Künstler die Buchhaltung übernahm.

Nun wird Julius Bisier erstmals in Ostdeutschland mit einer Schau in einem Museum gewürdigt, das über die weltweit umfangreichste Sammlung an Werken Gerhard Altenbourgs verfügt.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Ägypten in Altenburg Ägyptomanie im 19. Jahrhundert – Unbekannte Schätze aus den Sammlungen

Mit dem französischen Ägyptenfeldzug 1798 bis 1801 brach in Europa eine Ägyptenbegeisterung aus, die im Laufe der folgenden Jahrzehnte viele Abenteurer und Forscher in das Land am Nil lockte und tausende Fundstücke in Sammlungen und in die neu eröffneten Museen schwemmte.

Gelehrte wie Carl Richard Lepsius, Ippolito Rosellini und François Champollion brachen im Staatsauftrag oder durch reiche Geldgeber gestützt, gemeinsam mit Zeichnern, Architekten, Ingenieuren und anderen Wissenschaftlern zu ihren teils beschwerlichen und abenteuerlichen Erkundungen auf. Sie ebneten den Weg für die wissenschaftliche Erforschung des Landes. Zahlreiche Abhandlungen über die Kulturlandschaft des unteren Nils legten die Wissenschaftler vor. Sie verfassten umfassende Buch- und Tafelwerke, in welchen nahezu das gesamte Land mit seinen Denkmälern, Kulturstätten, Landschaften, mit seiner Flora und Fauna abgebildet war.

Auch Bernhard August von Lindenau erfasste die Sehnsucht nach Ägypten. Obwohl er selbst nie dorthin reiste, trug er eine Reihe von monumentalen Publikationen über die Ägyptenexpeditionen seiner Zeit zusammen, kaufte Gipsabgüsse nach ägyptischen Plastiken und Reliefs sowie originale ägyptische Kleinkunst.

Erstmals werden die ägyptischen Werke aus Lindenaus Sammlungen, aber auch die im 20. Jahrhundert erworbenen Gipsabgüsse, in einer Ausstellung präsentiert. Hinzu kommen zwei großformatige Gemälde aus dem 19. Jahrhundert, die die Insel Philae und ein Panorama der Stadt Kairo zeigen. Dieses Gemälde von Friedrich Otto Georgi, selbst Teilnehmer der berühmten Expedition von Carl Richard Lepsius, wurde eigens für die Ausstellung dank der großzügigen Unterstützung eines Restaurierungspaten in Dresden restauriert. Der Bogen der Ägyptenbilder aus den Prachtbänden des 19. Jahrhunderts wird ergänzt durch ein Album mit historischen Fotografien, die um 1900 in Ägypten entstanden sind.

Das 19. Jahrhundert ist als das Jahrhundert der Entdeckungen in die Geschichte eingegangen. Wissenschaftler brachen aus ihren klassisch-bürgerlichen Umgebungen auf, um fremde Städte, Länder und Kontinente zu vermessen, zu kartographieren und ihre Besonderheiten aufzuspüren.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

[Die geborstenen Zinnen von Troja] und andere experimentelle Holzschnitte von Gerhard Altenbourg

Das Lindenau-Museum, das den weltweit umfangreichsten Bestand an Werken von Gerhard Altenbourg beherbergt, konnte diesen kürzlich fundamental erweitern: Das Hauptwerk [Die geborstenen Zinnen von Troja] (1961), ein monumentales Holzdruck-Unikat von über zwei Metern Länge und über achtzig Zentimetern Höhe, wurde dem Museum von der Dresdner Galerie Döbele angeboten und konnte mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung erworben werden.

Der wertvolle Druck, der seinen nachträglich vergebenen Namen dem ersten Gedichtvers „Auf den Zinnen von Troja“ im 1960 entstandenen Künstlerbuch mechulle verdankt, findet in seinen Ausmaßen in den 1960er Jahren kaum Entsprechungen. Erst später treten Künstler wie Georg Baselitz, Jörg Immendorff oder Martin Disler mit Arbeiten in einer derartigen Größe an die Öffentlichkeit. Auch die Drucktechnik Altenbourgs, die mit gefundenen und immer wieder übereinander gelegten Strukturen wie den Zargen und dem Sitz eines Stuhls arbeitet, war ihrer Zeit weit voraus. Die Wahl des schwierig zu handhabenden Nessel-Stoffes als Trägermaterial für den Druck zeigt ebenfalls die Experimentierfreude, mit der der Künstler sich dem Werk widmete. Es sind drei weitere Holzdrucke Gerhard Altenbourgs auf Nessel bekannt, die in einem künstlerischen Zusammenhang mit dem vom Lindenau-Museum erworbenen stehen, jedoch kleiner sind. Sie befinden sich in unbekanntem Privatbesitz.

Vierzehn weitere Arbeiten aus dem graphischen Œuvre Altenbourgs sind zu sehen, darunter das kleinformatige Werk Einbruch (1960), in dem der Künstler denselben Stuhlsitz wie bei [Die geborstenen Zinnen von Troja] verwendete. Zu entdecken ist der unerschöpfliche Variantenreichtum in den Holzschnitten und Drucken des Künstlers. Viele Drucke sind Unikate, sie unterscheiden sich in der Stärke des Farbauftrags, manchmal nur in kleinen Farbnuancen. Neben die kleine Serie mit abstrakten Kompositionen in Schwarz-Weiß treten figürliche Werke. Zu Beginn der 1970er Jahre beschäftigte sich Altenbourg intensiv mit dem Mythos des Minotauros, drei Beispiele sind zu sehen. Im Gegensatz zu den Drucken 1960/1961 experimentiert der Künstler hier mit mehrfarbigen Holzdrucken. Den Witz und Hintersinn des Künstlers zeigt der Druck Geschöpf im Ring, bei dem er eine Figur in den pinkfarbenen Umriss eines Toilettensitzes druckte.


Die für die Neuerwerbung, aber auch für die Drucke der Ariadne-Serie verwendeten Stuhlsitze haben sich im Nachlass des Künstlers erhalten und sind in den Tischvitrinen ausgestellt.

Meister der Kontur und Silhouette Ernst Moritz Engert (1892–1986)

Der 1892 in Yokohama/Japan geborene Ernst Moritz Engert gilt heute als der expressionistische Scherenschnittkünstler schlechthin. Er befreite den Scherenschnitt stilistisch wie thematisch vom Beigeschmack des Biedermeierlich-Kunsthandwerklichen und führte ihn mit beeindruckender Virtuosität zu neuer künstlerischer Bedeutung. Der Meister der Kontur und Silhouette zählt zu den eigenwilligsten und ungewöhnlichsten Künstlern der 1920er Jahre. Faszinierend sind nicht nur seine Porträtsilhouetten, die frühen, teils kubistisch-futuristischen Holz- und Scherenschnitte, sondern auch sein unstetes Bohème-Leben.

Ernst Moritz Engert war ein begnadeter Porträtsilhouettenschneider. Die Liste seiner geschnittenen Bildnisse ist ein Who's Who der Zeitgeschichte, insbesondere der 1920er Jahre: Wilhelm Worringer, Joachim Ringelnatz, Karl Wolfskehl, Stefan George, Georg Schrimpf, Hans Bellmer, Lou Albert- Lasard sind zu nennen. Der Künstler widmete sich auch dem Schattenspiel, entwarf Bühnenbilder und fertigte die Figuren selbst an. Das August Macke Haus Bonn konnte einige originale Schattenspielfiguren aus den 1920er Jahren erwerben, und auch in Altenburg sind die zwischen 30 und 40 cm hohen Sperrholzfiguren zu sehen. Ferner entstand eine Reihe von Theaterschnitten zu den verschiedensten Stücken. In den 1930er Jahren arbeitete Engert als Pressezeichner und Werbegraphiker. Nach dem Krieg ließ er sich in Hadamar, woher die Familie stammte, nieder, konnte allerdings an seine Erfolge nicht mehr anknüpfen. In den 1970er Jahren erfuhren Engert und sein (Früh-)Werk eine Wiederentdeckung. Der Künstler stiftete den Großteil seines Œuvres der Stadt Limburg an der Lahn, die sein Werk in Ausstellungen und Publikationen lebendig hält. Durch Stiftungen der beiden Töchter befindet sich ein umfangreicher Komplex an Arbeiten im August Macke Haus Bonn.

Die Ausstellung im Lindenau-Museum folgt Engerts Biographie in neun Kapiteln: von Studium und Aufbruch in München 1909–1912, der Avantgardeszene in München und Berlin 1912–1924, Bonn und Darmstadt 1913–1920 bis zum Ersten Weltkrieg 1914 – 1918. Engerts Arbeiten zum Schattentheater, die Zusammenarbeit mit dem Schwager William Hunt Diederich, einem amerikanischen Bildhauer, Illustrationen, Gebrauchsgraphik und Pressezeichnungen werden ebenso vorgestellt wie die Arbeiten aus dem Kriegsgefangenenlager in Frankreich und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Neben Scherenschnitten sind Holzschnitte, Radierungen, Tuschezeichnungen, Aquarelle und Schattenspielfiguren aus Holz zu sehen. Die Auswahl für die Ausstellung traf Franz Josef Hamm, Limburg an der Lahn, dem herzlicher Dank auch für die Leihgaben aus seinem Besitz gilt.

Gerhard-Altenbourg-Preis 2014 Olaf Holzapfel: Die Technik des Landes

Seit 1998 vergibt ein vom Lindenau-Museum berufenes Kuratorium alle zwei Jahre den Gerhard-Altenbourg-Preis. Olaf Holzapfel ist der erste Künstler einer mittleren Generation, der mit dem Gerhard-Altenbourg-Preis geehrt wird. Dr. Jennifer Allen beschreibt ihn im Katalog zur Ausstellung als einen "teilnehmenden Produzenten". Das heißt, Holzapfel erforscht nicht nur lokale Techniken, das Bild-Wissen von Regionen und Städten, sondern er übersetzt diese, oft in Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern, in die bildende Kunst. Das Land als Motiv beschäftigt Holzapfel seit einigen Jahren, es steht für das außen liegende, das allgemeine andere, weniger fokussierte, dafür eigenwillige Terrain. Hier kann das Nachdenken über das Land, die Peripherie, als spiegelbildliche Reflexion zur Stadt gelesen werden.

Holzapfels Ausstellung "Die Technik des Landes" zeigt Fachwerkkonstruktionen, Bilder aus Stroh und Heu sowie zwei Filme über den Fachwerkbau. Die als "Lichtbilder" betitelten Wandobjekte aus miteinander verwobenen Heu-Seilen sind eine Adaption von Bauernritualen aus Niederschlesien. Für den Außenraum des Lindenau-Museums hat Olaf Holzapfel auf der Teehauswiese eine Holzkonstruktion, genannt "Holländische Mühlen", entworfen und mit Handwerkern aus dem Altenburger Land gebaut. Die Strohbilder spiegeln die Bedeutung eines universellen Materials wider. In Asien beschreibt dies ähnliche Bedeutungen des Lichts und der Ernte wie in Europa.

Die gezeigten Arbeiten bilden einen Kosmos, in dem sich das "Natürliche" mit dem "Konstruierten" trifft. Dabei wird deutlich, wie das vermeintliche Zentrum (etwa einer städtischen Architektur) immer auch auf den Techniken aus der Peripherie beruht. Um genau diese Übersetzungsarbeit, das Untersuchen bestimmter Raumkonzepte in ihrer formalen Qualität sowie ihrer lokalen Bedingtheit, geht es Holzapfel.

In verschiedenen Regionen konnte der Künstler lokale Produzenten überzeugen, aus ihren Traditionen mit ihm gemeinsam Kunst-Dinge herzustellen, etwa eine Holzkonstruktion, die kein Haus wird, sondern eine Skulptur, Stroh und Heu nicht als Baumaterial oder Dekor, sondern als Reflexionen auf Malerei und Abstraktion. Gelöst aus ihren funktionalen Zusammenhängen stellen "die Techniken des Landes" die Eigenschaften der Materie aus, die ihnen innewohnenden Handlungen, das Wissen, die Erinnerungen und deren lokale Ursprünge.

Der Gerhard-Altenbourg-Preis wird gefördert von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, der Sparkasse Altenburger Land und vom Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Venezianische Reflexionen Eitemperabilder, Pastelle, Gouachen, Federzeichnungen und Malerbücher von Friedrich Danielis

Friedrich Danielis, 1944 geboren in Bad Reichenhall, lebt und arbeitet seit 1985 in New York, Venedig und Wien. Zuvor verbrachte er viele Jahre in London. Als Künstler Autodidakt widmet er sich dem Schreiben und Malen gleichermaßen, schuf aber auch Bühnenbilder, Kostüme und Masken für Opernproduktionen. Danielis' Verbindungen zu Literatur und Musik sind eng. Sie spiegeln sich in seinen zwanzig Malerbüchern wider, aber auch in Werktiteln und Texten. Komponisten wie der Österreicher Wolfgang Florey haben sich von Danielis' Bildern zu Kompositionen anregen lassen, umgekehrt nimmt der Maler Musikalisches auf: Haydns Schöpfung, die Lieder Franz Schuberts spielen eine Rolle, die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, aber auch Gustav Mahler.

Die Ausstellung konzentriert sich auf die in Venedig entstandenen Werke des Künstlers, einige Arbeiten waren noch nie ausgestellt. Danielis arbeitet außer in Pastell und Gouache auch in Eitempera, ausschließlich bei natürlichem Licht. Er zählt zu den Künstlern, die ihre Farben selbst herstellen – so, wie dies im Mittelalter der Fall war, bei den Malern der frühitalienischen Tafelbilder in der Sammlung des Lindenau-Museums zum Beispiel. Mit diesen religiösen Gemälden, die fast sämtlich Fragmente aus größeren Altarzusammenhängen sind, verbindet Friedrich Danielis die Vorliebe für mehrteilige Arbeiten: vom kleinformatigen Diptychon bis hin zu dem neunteiligen Polyptychon "Mitten im Rand", das in der Ausstellung zu sehen ist.

Danielis ist ein internationaler Künstler, nicht nur durch das Unterwegssein zwischen Italien, Österreich und den USA. Der Gedanke für sein Malerbuch "Working at Krut (and visiting Lovis)", ein Leporello, entstand in Venedig. Es wurde in Johannesburg bei David Krut (dem Verleger von William Kentridge) gedruckt und in Wien gebunden.

In der Liebe zur unerschöpflichen Welt der Literatur und der Malerei (Tiepolo, Tizian, Carpaccio tauchen auf), aber auch dem handgeschriebenen Buch, erweist sich die Verwandtschaft von Friedrich Danielis mit Gerhard Altenbourg, der ebenfalls eine Reihe von Malerbüchern mit eigenen Texten und Zeichnungen geschaffen hat.

In seinen farbigen Arbeiten feiert Danielis die Schönheit, aber auch Licht und Wasser in Venedig. Neben Werke in kräftigen, leuchtenden Farben treten zarte, zurückgenommene klassische Federzeichnungen. Über Venedig schreibt Danielis: "Wer aber in der Kunst zu Hause sein kann oder will, findet hier den Raum, in dem es sich leben lässt. Und arbeiten, bis auf weiteres." Und: "Venedig leben: Wenn ein Erdenbürger wie unsereins nach unten blickt und den Himmel sieht, muss er in Venedig gelandet sein. Das ist ein Glück, denn nirgendwo sonst ist das Dasein so in die ewig wechselnde, ewig widerspiegelnde Form des Wassers gehüllt, das die Sterne, die Wolken, das Licht verdoppelt und doppelt wirksam, verführerisch leuchten läßt."

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

"Immer das alte Lied, kleine Minna" Martin Disler und Gerhard Altenbourg – Köpfe und "stories", Zeichnungen und Lithographien

Im September 2014 erhielt das Lindenau-Museum eine Schenkung aus süddeutschem Privatbesitz von vier Zeichnungen des Schweizers Martin Disler (1949–1996). Den Verbindungslinien zwischen ihm und Gerhard Altenbourg (1926–1989) war 2013 "Altenbourg im Dialog I" gewidmet. Ausstellung und Katalog bildeten den Anlass für das Sammlerpaar, Martin Dislers "Kopf" (1986) und drei Aquarelle mit Figurenszenen aus demselben Jahr dem Lindenau-Museum zu schenken.

Martin Disler zählt zu den Schweizer Künstlern, die in den 1980er Jahren auch international sehr bekannt wurden. Die Präsentation seiner vier Zeichnungen ist verbunden mit einer Auswahl von knapp 20 Zeichnungen und Lithographien Gerhard Altenbourgs. Im Fokus stehen Köpfe und Figuren.
Martin Disler beschäftigte sich in seinem Werk vielfach mit zwischenmenschlichen Beziehungen, Paaren, Köpfen. Am Ende seines Lebens malte er eine Reihe von Selbstbildnissen. Disler sagte über seine Figuren: "Meine Figuren müssen Träger des Menschen sein mit seiner Zwiespältigkeit: der Aggression und der absoluten Zärtlichkeit."
Dislers Darstellungen sind eher düster, sein "Kopf" fast gänzlich in Schwarz gehalten, die Figuren auf den Aquarellen nicht klar von einander unterscheidbar. In das Schwarz sind nur wenige Striche in Rosa, Weiß oder Blau gemischt. Die Szenen deuten eher auf Auseinandersetzungen als auf freundschaftliche Begegnungen hin.

Gerhard Altenbourg beschränkt sich in den Lithographien oft auf schwarze Umrisslinien und wenige Flächen, doch gibt es auch überraschend farbige Steindrucke. Die zwei großen, dichten Zeichnungen "Ah –, dieser Abend; Traum und Stirnauge: wieso" aus dem Jahr 1988 und "steigt auf ein Riesenhaupt" von 1981 zeigen die Vielfalt der von Altenbourg verwendeten Zeichenmaterialien und seinen ausgeprägten Sinn für eine fein abgestufte Farbigkeit.