2013

Bernhard von Lindenau Stipendium 2013: Pauline Stopp

Der 225. Geburtstag und 150. Todestag des "Gelehrten, Staatsmannes, Menschenfreundes und Förderers der schönen Künste" Bernhard August von Lindenau (1779–1854) im Jahr 2004 war Anlass, ein Kunststipendium zu begründen. Mit dieser Förderung im Sinne des Museumsgründers soll jungen bildenden Künstlern unmittelbar nach Abschluss ihres Studiums eine Chance zu unabhängiger und experimenteller Arbeit und der Präsentation dieser Ergebnisse in einem renommierten Kunstmuseum gegeben werden. Das Stipendium ist mit 10.000 Euro dotiert und mit einem dreimonatigen Studienaufenthalt im Kulturhof Garbisdorf sowie mit einer Ausstellung und einem Katalog im Lindenau-Museum verbunden.

Pauline Stopp (geb. 1989) hat zunächst eine Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin für Graphik in Chemnitz absolviert und damit die Fachhochschulreife erlangt. Nach dem Studium der Gestaltung (B. A.) in der Studienrichtung Textilkunst/Textildesign an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg, hat sie nun ein Magisterstudium Bildende Kunst an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Caspar-David-Friedrich-Institut, aufgenommen. Pauline Stopp hat das Kuratorium des Bernhard von Lindenau Stipendiums mit ihren ausdrucksstarken Collagen aus den unterschiedlichsten Materialien und ihrer Vielseitigkeit überzeugt.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Zu Hilfe, zu Hilfe – Restaurierungspaten gesucht Schätze aus den Museumsdepots

Zu den wichtigsten Aufgaben eines Museums gehört es, die oft über Jahrzehnte oder Jahrhunderte zusammengetragenen Kunstwerke zu bewahren. Dies bedeutet, dass die Objekte in einem ihrem Alter gemäßen, ausstellungsfähigen Zustand sein sollten.

Das Lindenau-Museum beherbergt neben den 180 kostbaren auf Holz gemalten Bildern der italienischen Frührenaissance etwa 700 Leinwandgemälde vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Viele davon sind selten oder noch nie gezeigt worden. Nicht etwa deshalb, weil sie uninteressant oder unbedeutend sind, sondern oft müssten sie erst restauriert werden, bevor sie in einer Ausstellung gezeigt werden können.

Schäden an Kunstwerken können vielfältige Ursachen haben: schwankende klimatische Bedingungen, unsachgemäßer Umgang, mechanische Beschädigungen, Schädlingsbefall, Schimmel und anderes.
Das Lindenau-Museum verfügt über 4000 Euro im Jahr für Restaurierung und hat keinen angestellten Gemälderestaurator. Daher ist die Restaurierung der Gemälde bisher nur punktuell durch Beantragung von Mitteln bei Stiftungen und beim Freistaat Thüringen möglich. Hilfreich sind auch Leihgeber, die vor der Ausleihe eines Gemäldes die Restaurierung bezahlen. Dank der seit 2008 bestehenden Kooperation mit der Hochschule für bildende Künste Dresden konnten auch in diesem Jahr zwei Diplomandinnen Gemälde aus dem Lindenau-Museum restaurieren. Hierfür stellt die Hochschule 2500 Euro in Rechnung, da sämtliche technologischen und die Laboruntersuchungen bezahlt werden müssen.

Um in einer neuen Dauerausstellung einen Querschnitt durch die reiche Gemäldesammlung des Museums zeigen zu können, suchen wir Paten, die Geld für die Restaurierungen spenden.
Manchmal sind nur Kleinigkeiten zu tun, das Gemälde zu reinigen, fachgemäß einzurahmen oder Beschädigungen am Rahmen zu beheben. Manchmal sind aber auch aufwendigere Maßnahmen nötig, so bei dem Bildnis unseres Museumsgründers Bernhard August von Lindenau, das Louise Seidler gemalt hat, oder bei einem Gemälde von Jan Brueghel d. J. Manchmal fehlt ein Zierrahmen, um das Gemälde aufhängen zu können – wie bei einem Tondo aus der Werkstatt von Sandro Botticelli.
Auch einige Möbel und zwei Uhren müssen restauriert werden.

Die Ausstellung zeigt sowohl Kunstwerke, für die wir Restaurierungspaten und Spender suchen, als auch in den vergangenen Jahren bereits restaurierte Kunstwerke.
Viele unbekannte Schätze werden aus den Depots des Lindenau-Museums nun ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, viele Paten gebraucht. Jeder Beitrag ist überaus willkommen!

Genauere Informationen zur Spendenaktion auf der Seite Restaurierungspaten gesucht

Im Zauberkreis der Circe Gerhard Altenbourg und die Antike

"Janus und die Kinder der Zeit", "Auch ein Paris", "Ariadne", "Im Zauberkreis der Circe", "Die Hippukrene Aspasia", "O Hebros o Hebros" oder "Verständigung der Auguren über ein Geschick" – so lauten einige Titel von Werken Gerhard Altenbourgs. Gestalten der antiken Mythologie tauchen in vielen Bildtiteln auf.

Der Künstler setzte sich intensiv und über Jahrzehnte mit den Stoffen der Antike auseinander. Sein Interesse galt vor allem der griechischen Welt. Besonders die Spätzeit der griechischen Antike, der Hellenismus, also die Zeit vom Regierungsantritt Alexanders des Großen 336 v. Chr. bis 30 v. Chr., hat ihn fasziniert. So beschäftigte er sich eingehend mit den großen Texten der Literaten und Philosophen – namentlich Heraklit und Plotin. Im Lindenau-Museum betrachtete und bewunderte Altenbourg die Vasenbilder, aber auch antike Formen wie beispielsweise das Medaillon oder der Fries regten ihn an.

Eine zentrale und symbolträchtige Stellung nimmt die Figur des Janus ein. Sie zählt zu den ältesten römischen Gottheiten. Janus, dem Gott des Anfangs und des Endes, widmete Altenbourg 1960 ein eigenes Künstlerbuch "O Janus, oh Janus", das als Leihgabe der Staatsgalerie Stuttgart in der Ausstellung zu sehen ist.

Den ihm vertrauten thüringischen "Hügelgau" setzte der Künstler in Analogie zur klassischen griechischen Landschaft. Gerhard Altenbourg notierte: "Wald ist in mir gewesen und um mich immer Waldiges. Artemis-Land. […] Es gibt dort Panwiesen, wurzelgefleckt in ihrem Schweigen."

Die Ausstellung beleuchtet – erstmals überhaupt – in exemplarischen Ausschnitten die Auseinandersetzung Gerhard Altenbourgs mit der Antike. Die gezeigten Werke entstammen zum größten Teil der Graphischen Sammlung des Lindenau-Museums. Hinzu kommen Leihgaben aus der Staatsgalerie Stuttgart, der Deutschen Bank Frankfurt am Main, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, dem Museum der bildenden Künste Leipzig, dem Dieter Brusberg Kunsthandel Berlin sowie aus Privatbesitz.

Die Ausstellung ist dem Andenken an Anneliese Ströch (29. 2. 1928 – 27. 7. 2013), der Schwester Gerhard Altenbourgs, gewidmet.

Raden Saleh (1811–1880): Ein javanischer Maler in Europa

Raden Saleh war der erste Asiate, der in Europa eine akademische Malerei-Ausbildung erfuhr. Als "Prinz" der javanischen Herrscherfamilie Bustaman wuchs er in der holländischen Kolonie Java auf. Sein erster Lehrer war der belgische Maler Antoine August Joseph Payen (1792-1853), der sein Talent maßgeblich förderte.

1839 kam Raden Saleh nach Dresden. Dort hatte er Kontakte zu den führenden Künstlern der Zeit und fand Aufnahme am sächsischen Hof. Im Salon von Friederike und Friedrich Anton Serre in Dresden und Maxen war er ein gern gesehener Gast. Sein Dresdner Lehrer wurde der Norweger Johan Christian Clausen Dahl. Inspiriert wurde er aber auch von dem Arzt und Maler Carl Gustav Carus. Obwohl schriftliche Überlieferungen fehlen, erscheint es undenkbar, dass der Maler aus Java in Dresden nicht Bernhard August von Lindenau getroffen ist. Dieser war als Minister auch für die Künste und verkehrte selbstverständlich am sächsischen Königshof.
Raden Saleh wurde ein enger Freund von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha. Dessen Schwägerin, Königin Victoria von England, lud den Künstler nach London ein. Über Paris und Holland kehrte er zurück in die Heimat und wurde mit Hilfe der in Europa erworbenen Fähigkeiten auch hier ein anerkannter Maler.
Heute gilt Raden Saleh als Mitbegründer des deutschen Orientalismus und "Vater" der modernen indonesischen Malerei. Er schuf Porträts, Landschaften sowie dramatische "orientalische" Kampf- und Jagdszenen.

Im Juni 2012 wurde in Jakarta zum ersten Mal das Werk des javanischen Malers Raden Saleh in einer monographischen Ausstellung mit überwältigendem Erfolg gezeigt. Raden Salehs Ruf als der große Erneuerer der indonesischen Kunst des 19. Jahrhunderts wurde bestätigt und gefestigt.
Das Lindenau-Museum würdigt den Künstler erstmals in Deutschland in einer umfassenden Schau von Gemälden und Zeichnungen aus europäischen Museen sowie aus Privatbesitz. Die Ausstellung mit internationalen Leihgaben unter anderem aus Dresden, Gotha, Chemnitz, Berlin, Düsseldorf und Leipzig sowie aus Holland, Indonesien, Norwegen, Österreich und Lettland präsentiert das Werk von Raden Saleh sowohl unter kunsthistorischen als auch kulturgeschichtlichen Aspekten. Einige der ausgestellten Bilder waren noch nie vorher öffentlich zu sehen.

Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit einem umfassenden Verzeichnis der Werke Raden Salehs erschienen.

"Möglichkeiten auf Blau" Heinz Trökes (1913–1997) zum 100. Geburtstag: Die Aquarelle

Heinz Trökes (Hamborn 1993 – 1997 Berlin) gehört zu den wandlungsfähigsten und unabhängigsten Malern der deutschen Nachkriegsmoderne.

Das Lindenau-Museum Altenburg zeigt aus Anlass seines 100. Geburtstages Aquarelle aus den Jahren von 1951 bis 1992. Es ist die erste Museumsschau, die einen Querschnitt durch das Aquarellschaffen des Künstlers bietet. Die 61 Arbeiten stammen aus dem Trökes-Archiv, Berlin, dem vom Sohn des Künstlers betreuten Nachlass.

Im Œuvre von Heinz Trökes finden sich überraschende stilistische Sprünge. Die Spannbreite der Aquarelle reicht von abstrakt-geometrischen Kompositionen auf farbigen Gründen bis zu monochromen Bildern in Erdtönen zu Beginn der 1960er Jahre. Ab Mitte der 1960er Jahre entstehen überraschende Arbeiten in knalligen Farben, die sich der Pop-Art nähern, aus den 1970er Jahren stammen Grisaillen in Schwarz-Weiß, bis in den 1980er und 1990er Jahren die Farbe zurückkehrt.

In der Ausstellung sind außerdem drei noch nie gezeigte Skizzenbücher sowie das Tagebuch der Ceylon-Reise, die Trökes im Jahr 1958 unternahm, zu sehen. Aus der Graphischen Sammlung des Lindenau-Museums stammt ein vom Künstler überzeichnete Band mit einem Text von Will Grohmann über Heinz Trökes (1959). Dass Heinz Trökes und Gerhard Altenbourg einander kannten und schätzten, zeigt der kleine Briefwechsel beider Künstler. Die Briefe sind in der Ausstellung im Original zu sehen.

Es erscheint ein Katalog (160 S.) mit dem ersten kunsthistorischen Beitrag zu den Aquarellen von Heinz Trökes von Thomas Matuszak, dem Tagebuch der Ceylon-Reise, das erstmals publiziert wird, ergänzt durch Fotografien von Heinz Trökes, sowie dem Briefwechsel von Gerhard Altenbourg und Heinz Trökes.

Wir danken der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen Thüringen, der Sparkasse Altenburger Land, der Galerie Kley, Hamm und dem Förderkreis „Freunde des Lindenau-Museums“ e. V. für die Unterstützung.

"Möglichkeiten auf Blau" im Lindenau-Museum schließt an die Exposition "Heinz Trökes – die frühen Jahre (1933–1950)" im Weimarer Haus am Horn an (15. 3. – 2. 6. 2013). Damit ergibt sich die kunsthistorisch spannende und einzigartige Möglichkeit, an zwei benachbarten Orten in Thüringen das Œuvre des Künstlers eingehend studieren zu können. Die Ausstellung des Lindenau-Museums wird ab vom 21. Juli bis zum 3. November in der Galerie Kley in Hamm/Westfalen zu sehen sein.

Dionysos, Gott des Weines – Hüter des Theaters

Bernhard August von Lindenaus bedeutende Sammlung antiker griechischer Gefäße wird in der aktuellen Sonderausstellung in ein neues Licht gerückt und durch wunderbare Leihgaben aus einer der größten und wichtigsten Antikensammlungen der Welt ergänzt, derjenigen in Berlin.

Der jüngste der griechischen Götter – Dionysos – steht für Fruchtbarkeit, Ekstase, orgiastische Feste, aber auch Totenkult und Mysterien. Im Zeichen des Dionysos als dem Gott des Weines fanden im antiken Griechenland die Symposien (Symposion = "in Gemeinschaft trinken") statt.

Merkwürdig ist bereits die Geburt des Dionysos: Göttervater Zeus trug ihn in seinem eigenen Bein aus. Das Bild des Gottes ist in der griechischen Mythologie widersprüchlich. Ein zentraler Aspekt ist jedoch die Vegetationskraft, für die Dionysos steht. Seine ständigen Begleiter waren Naturwesen – Satyrn und Mänaden –, die ihn bei orgiastischen Feiern begleiteten. Den Mänaden war Dionysos in Kleinasien begegnet. Gekleidet in Pantherfelle und oft ekstatisch tanzend treten sie einzig als Begleiterinnen dieses Gottes auf. Die Satyrn stammen von der Peloponnes. Ihr Körper ist um einen Pferdeschwanz bereichert, Spitzohren und Stupsnase spielen auf Ziegen an, oft sind ihre Füße auch gegen Hufe ausgetauscht. Die Begleiter des Dionysos spielten auch ihre Rolle im athenischen Frühlingsfest des Weingottes, den großen Dionysien.

Vieles spricht dafür, dass die sogenannten "Dickbauchtänzer" berufsmäßige Tänzer im Rahmenprogramm der dem Dionysos geweihten Symposien waren. Nicht ausgeschlossen ist darüber hinaus ihre Mitwirkung an den Kultfesten des Gottes. Ihre eigenwillige Kostümierung mit eng anliegendem Trikot und durch Auspolsterungen hervorgehobenem Bauch und Gesäß geht vielleicht der Entwicklung der Komödie voraus.

Die Ausstellung widmet sich zwei zentralen Aspekten des Gottes: dem Wein und dem Theater. Sie präsentiert antike Keramik, Gipsabgüsse und Bücher aus Lindenaus reichen Sammlungen. Hinzu kommen neben den kostbaren Leihgaben aus Berlin weitere Gipsabgüsse, Keramiken und Majoliken aus der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Antikensammlung der Universität Erlangen-Nürnberg, der Stiftung Heinz Kuckei Collections, Berlin, und aus Altenburger Privatbesitz.

Die Ausstellung begleitet den Antike-Zyklus der Theater&Philharmonie Thüringen.

Im Zusammenhang mit der Ausstellung "Dionysos, Gott des Weines – Hüter des Theaters" bietet das Lindenau-Museum museumspädagogische Veranstaltungen für Schulklassen an, die sowohl Projekttage als auch Führungen einschließen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Beiträgen von Ulrich Sinn, Julia M. Nauhaus u. a. zum Preis von 19,50 Euro erschienen.

Altenbourg im Dialog I Martin Disler (Seewen 1949 – 1996 Genf)

Martin Dislers Werke waren in den vergangenen Jahren in Deutschland eher selten zu sehen. Insbesondere die Radierungen sind hierzulande weitgehend unbekannt geblieben. In Kooperation mit dem Cabinet d’arts graphiques du Musée d’art et d’histoire in Genf sowie mit weiteren Leihgaben aus den Kunstmuseen in Olten und Basel, aus der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und von einem privaten Leihgeber zeigt die Ausstellung nun eine Auswahl aus Dislers druckgraphischem Schaffen. Zugleich bildet sie den Auftakt zu der neuen Ausstellungsreihe "Altenbourg im Dialog".

Kontrastierend zu Dislers "Grande Suite", 16 Radierungen aus den Jahren 1985/1986, wird eine Auswahl aus der 100 Kaltnadelradierungen umfassenden "Schnepfenthaler Suite" von Gerhard Altenbourg gezeigt, die in den späten 1980er Jahren entstand. Tragen die Blätter bei Martin Disler oft keinen Titel, so sind diejenigen von Altenbourg in poetischer, manchmal auch ironischer oder rätselhafter Weise fast barock betitelt. Sind Dislers Werke expressiv, oft farbig und dicht, so beschränkt sich Altenbourg in der "Schnepfenthaler Suite" auf Umrisslinien. Während seine Radierungen erzählerischen Charakter haben, ist dies bei Disler meist nicht der Fall.

Der Schweizer Disler und der in der DDR lebende Altenbourg kannten sich nicht, doch gibt es zwischen beiden Künstlern bei aller Unterschiedlichkeit überraschende Gemeinsamkeiten. Beide hatten eine große Liebe zur Literatur, schufen Künstlerbücher mit zum Teil eigenen Texten. Beide interessierten sich für das Figürliche, die Darstellung des Menschen und des Zwischenmenschlichen in existenziellen und psychologischen Kontexten bis hin zu Bereichen der Erotik und Sexualität. Die Ausstellung eröffnet in der Gegenüberstellung der Œuvres beider Künstler spannende Perspektiven und regt zu Entdeckungen an, wie unterschiedlich Disler und Altenbourg das Thema der menschlichen Figur umgesetzt haben.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Beiträgen von Dieter Brusberg, Martin Disler, Julia M. Nauhaus und Christian Rümelin zum Preis von 12,50 Euro erschienen.

Neuerwerbungen Lothar Böhme, Hartwig Ebersbach, Walter Libuda, Strawalde Jürgen Böttcher, Micha Ullman

Die Ausstellung zeigt Gemälde und Graphiken, die das Lindenau-Museum im Jahr 2012 erworben hat. Der Ankauf geht auf eine Initiative der langjährigen Museumsdirektorin Jutta Penndorf zurück und konnte zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung in den Ruhestand mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der HERMANN RREEMTSMA Stiftung verwirklicht werden.

Unter den Neuerwerbungen befinden sich Arbeiten mehrerer Künstler, die als Träger des Gerhard-Altenbourg-Preises mit dem Lindenau-Museum verbunden sind: 21 Zeichnungen der Folge "Landvermesser" (2002) von Walter Libuda (geb. 1950), das Gemälde "Halbakt" (1995) von Lothar Böhme (geb. 1938) und das Aquarell "Tisch XXII" (2010) von Micha Ullman (geb. 1939). Darüber hinaus wurden die Gemälde "Brennender Mann" (2000) von Hartwig Ebersbach (geb. 1940) und "An Chardin" (1986) von Strawalde Jürgen Böttcher (geb. 1931) erworben. Im Zusammenhang mit dem Ankauf gelangten weitere Kunstwerke in den Besitz des Lindenau-Museums: die Gemälde "Grün-rotes Erdbild" (1962) und "Ground" (1991/2010) von Strawalde als Schenkungen des Künstlers sowie ein zweites Aquarell der Folge "Tisch" von Micha Ullman ebenfalls als Schenkung des Künstlers und der Galerie Alexander Ochs, Berlin.

Mit den Neuerwerbungen konnte die Sammlung der Gegenwartskunst im Lindenau-Museum, die sich seit vielen Jahren auf den sächsisch-thüringischen Raum mit den Zentren Dresden, Leipzig und Chemnitz sowie auf Berlin konzentriert, in idealer Weise durch Werke von hoher künstlerischer Qualität erweitert und bereichert werden.

Gerhard-Altenbourg-Preis 2012: Michael Morgner

Der Gerhard-Altenbourg-Preis 2012 wurde Michael Morgner zugesprochen, einem Künstler, der in Sachsen lebt und dessen Arbeit nicht im formalen, aber in einem inneren, geistigen Sinne mit der von Gerhard Altenbourg in Verbindung steht. Morgners Werk, das vor allem Malerei, Graphik und Skulptur umfasst, ist seit vierzig Jahren ein erneuernder und prägender Teil nicht nur der sächsischen Kunst. In dem kleinen Ort Einsiedel nahe bei Chemnitz, dessen Zerstörung Morgner als Kind in den letzten Kriegstagen erlebte, entstand ein Werk von universeller Gültigkeit, in dem die Spuren dieses Ereignisses und Erfahrungen mit dem Tod bis heute anwesend sind.

Michael Morgner (geb. 1942) absolvierte eine klassische Malereiausbildung in Leipzig, begann aber alsbald, dem engen Programm dieser Schule und den Konventionen der "DDR-Kunst" zu entfliehen. Er hat Performances gemacht und war keinem Happening abgeneigt, er hat früh mit neuen Medien experimentiert und mit der Natur als Rohstoff. Er war immer einfallsreich, wenn es darum ging, den Alltag der DDR mit fröhlicher Anarchie zu unterwandern. Er entzog sich jeder Anpassungserwartung, blieb klar und verfolgte unbeirrt sein Ziel. Dieses Ziel bestand vor allem darin, die Geschichtlichkeit wie die Gegenwart seiner Erfahrungen in eine poetische Form zu bringen, die christliche ikonographische Überlieferungen und mythische Urbilder, die Natur wie die Reflexion über das Zeitgenössische, Soziale und Politische in einem offenen Zeichensystem darstellt. Diese persönliche Ikonographie fand auch Eingang in das umfangreiche druckgraphische Werk des Künstlers. Die Ausstellung zeigt neben Aktionsfotografien, Skulpturen, Tuschzeichnungen und Malerei auch die Radierungsmappe "ECCE HOMO", die im Jahr 2000 erschien, sowie die zeichnerischen Entwürfe für diese Folge.

Michael Morgner gehörte in der DDR zu der Künstlergruppe CLARA MOSCH, von der in den siebziger und frühen achtziger Jahren Impulse zu aktionistischem Aufbegehren wie entschlossenem Insistieren auf der Idee der Autonomie der Kunst ausgingen und deren Intentionen Carlfriedrich Claus, selbst Mitglied der Gemeinschaft, als einen "Vorversuch zu einer unkonventionellen Kommunikationsart, offen für existentielle Fragestellungen" beschrieb. Ralf-Rainer Wasse hat die spontanen Aktionen der Gruppe fotografisch dokumentiert. Jene Fotografien, die von Morgner initiierte Aktionen festhalten, wurden für die Ausstellung ausgewählt. Insgesamt erhebt die Ausstellung nicht den Anspruch einer Retrospektive, sondern sie gibt einen kursorischen Einblick in die zentralen Motive und Produktionsweisen des Künstlers.

Zur Ausstellung ist eine zweiteilige Publikation (Bildband und Textband mit Fotodokumentationen) zum Preis von 28 Euro erschienen. Darüber hinaus ist die Graphik-Literatur-Edition Nr. 10 des Förderkreises "Freunde des Lindenau-Museums" e.V. mit einer Radierung von Michael Morgner und einem Text von Mathias Jähnig erschienen. Weitere Graphiken von Michael Morgner können ebenfalls erworben werden.

IM KABINETT Holzschnitte von Gerhard Altenbourg

Das Holzschnitt-Werk Gerhard Altenbourgs setzt im Jahre 1959 ein. Zunächst arbeitet er im Schwarz-Weiß-Holzschnitt, dann in den in den 1970er Jahren vor allem in der aufwendigen Technik des Farbholzschnitts. Motivisch befasst er sich mit Landschaften, skurrilen Szenen mit erfundener Personnage, dem Eros und seriellen Arbeiten, in denen er vorgefundene Hölzer verwendet, weiterverarbeitet und ihnen sodann konkrete Titel verleiht. In der Bearbeitung der Holzstöcke zeigt sich die Experimentierfreudigkeit des Künstlers: Er schneidet, reißt, kratzt, ritzt und punzt die natürlichen Materialien. Unregelmäßigkeiten der Bretter, ferner Zargen, Fugen, Astlöcher sowie Ölfarbenreste nimmt er bewusst in seine Bildfindungen auf. Eine Besonderheit in seinen Drucken sind die vielschichtigen, nuancierten Grautöne statt des klassischen Schwarz-Weiß-Kontrastes, etwa in dem Blatt "Das sind die Wege wurzelentlang", das der Kunsthistoriker Lothar Lang als die "Summe aller Landschaften Altenbourgs" bezeichnet hat.

Im Œuvre des Künstlers finden sich zudem Blätter, die aufgrund der verwendeten Farbvarianten oder der Technik des Übereinanderdruckens eines einzelnen Stockes die Auflagennummer 1/1 tragen: Es handelt sich demnach – was dem Medium der Druckgraphik eigentlich widerspricht – um ein Unikat. Nicht zuletzt dieses Faktum bezeugt den hohen, eigenständigen Charakter und Geist der Holzschnitte von Gerhard Altenbourg.