2017

Gerhard-Altenbourg-Preisträger 1998-2017

Der Gerhard-Altenbourg-Preis gehört zu den wichtigen Kunstpreisen des deutschen Sprachraums. Im Jahr 2017 wird er zum zehnten Mal vergeben: Geehrt wird die Schweizerin Pia Fries, und damit erstmals eine Künstlerin. Das Lindenau-Museum nimmt die zehnte Preisvergabe zum Anlass, auf die bisherigen Preisträger und ihre Ausstellungen in Altenburg zurückzublicken. Von den erkenntnistheoretischen Collagen Carlfriedrich Claus’, dem Existenzialismus Roman Opalkas bis zu der Geschichte und Mythos beschwörenden Bildsprache Cy Twomblys: Stets wurden Künstler geehrt, die sich wie Gerhard Altenbourg sichtbar mit Philosophie, Literatur, Kunst und Natur auseinandersetzten und einer reflektierten Verbindung von Geschichte und Gegenwart nachgingen.

Ob in der Malerei Walter Libudas und Lothar Böhmes, in den Installationen Olaf Holzapfels und Micha Ullmans oder den so poetischen wie philosophischen Bildwelten von Markus Raetz und Michael Morgner: Seit nunmehr zwei Jahrzehnten macht der Gerhard-Altenbourg-Preis auf Kunst aufmerksam, die sich in ihrer bedingungslosen Unabhängigkeit behauptet. In der Ausstellung begegnen sich je zwei Preisträger in einem Dialog. Eine Fotodokumentation erinnert an die vergangenen Präsentationen im Lindenau-Museum.

Vier Winde – Pia Fries. Gerhard-Altenbourg-Preis 2017

Der Gerhard-Altenbourg-Preis 2017 geht an die Schweizerin Pia Fries. Die 1955 in Beromünster im Kanton Luzern geborene Künstlerin ist eine Vertreterin der reinsten Malerei. Das Spiel der Farben, das sich frei von allen Bindungen auf weißer Fläche entwickelt, ist ihre Botschaft. Ihre Farben sind Energien, die sich ständig wandeln, verbinden und von der Kraft der Kunst künden. Auf ihren furiosen Bildern ist alles Schöpfung und Metamorphose – die schönste Parabel auf das Leben, die sich zwischen den Polen Werden und Vergehen, Ruhe und Bewegung ereignet. Das schöpferische Prinzip schlechthin bricht sich in den Bildern von Pia Fries Bahn.
Pia Fries lebt und arbeitet in Düsseldorf und München. Nach einem Studium an der Kunstgewerbeschule Luzern (1977 bis 1980) wechselte sie an die Kunstakademie Düsseldorf. Dort studierte sie von 1980 bis 1986 Malerei und schloss als Meisterschülerin bei Gerhard Richter ab. Es folgte ein Lehrauftrag an der Kunstakademie Düsseldorf und Professuren an der Kunstakademie Karlsruhe sowie an der Universität der Künste Berlin. Seit Februar 2014 hat Pia Fries eine Professur für Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste München inne. Ihre Werke sind in namhaften nationalen und

internationalen Sammlungen vertreten. Pia Fries wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet, darunter der Fred-Thieler-Preis der Berlinischen Galerie und der Kunst- und Kulturpreis der Stadt Luzern.
In Altenburg präsentiert Pia Fries neben neuen Arbeiten Werkgruppen aus den letzten drei Jahrzehnten, darunter eine Bilderserie, die in Auseinandersetzung mit Maria Sibylla Merian entstanden ist. Über Siebdrucke mit Fragmenten aus Merians Bildern setzt die Künstlerin ihre mannigfaltigen Farben und vegetabilen Formen – ein Verfahren, das auch in einer anderen Werkgruppe zu Hendrick Goltzius' berühmten „Himmelsstürmern“ Anwendung fand, die ebenfalls zu sehen ist. Einen besonderen Schwerpunkt bildet das zeichnerische Œuvre der Künstlerin, das in seiner ganzen Breite präsentiert wird.
Der Gerhard-Altenbourg-Preis wird großzügig gefördert von der Thüringer Staatskanzlei, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Sparkasse Altenburger Land.

Von Altenbourg bis Zimmermann

In der Ausstellung Von Altenbourg bis Zimmermann werden die Zeichnungen, Druckgrafiken, druckgrafischen Mappenwerke, Fotografien, Künstlerbücher und Kleinplastiken präsentiert, welche im Rahmen der Aktion PRO LINDENAU für das Museum erworben werden können.

Altenburger Trialog. Ein Gastspiel junger Kunst

Kunst der Gegenwart trifft auf teils mehrere Jahrhunderte alte Museumsexponate. Mit dem „Altenburger Trialog“ wird ein solches Ausstellungsformat nun erstmals in Altenburg umgesetzt und so ein vollkommen neuer Blick auf die Dauerausstellungen dreier Museen eröffnet.
Während eines Zeitraumes von zwei Monaten werden sich in den unmittelbar benachbarten Museen des Schlossparks – dem Lindenau-Museum, dem Naturkundemuseum Mauritianum und dem Schloss- und Spielkartenmuseum – insgesamt achtzehn Arbeiten von zehn aufstrebenden jungen Künstlerinnen und Künstlern präsentieren, die alle Studierende oder Absolventinnen und Absolventen der Bauhaus-Universität Weimar sind.
Die technisch und medial vielfältigen, zum Teil eigens für die Ausstellung geschaffenen Arbeiten reagieren auf ausgewählte Objekte und Objektgruppen der Sammlungspräsentationen. Nicht selten entfaltet sich an diesen Gegenüberstellungen auf einmalige Weise die gegenwärtige Bedeutung der musealen Exponate. Der eigentliche Trialog entsteht dann zwischen dem Betrachter, der dieses Zwiegespräch aus seiner Perspektive deutet, und den Bild- und Lebenswelten von damals und heute.

Bella Italia. Das Museum Haus Cajeth Heidelberg zu Gast im Lindenau-Museum

Dino Daolio Duren, Il fiume Po, 1980, Gouache auf Malkarton

Verführerische Frauen, Tiger und Wölfe, die liebliche Landschaft der Po-Ebene, Fassaden der Renaissancestadt Sabbioneta, Christus und Marx friedlich auf einem Bild vereint. Die thematische Bandbreite der sieben italienischen Künstler aus dem Museum Haus Cajeth in Heidelberg ist gewaltig.
Sie alle aber haben eines gemeinsam. Sie hatten kaum oder gar keine Schulbildung, waren einfache Arbeiter oder galten in ihrer Heimatstadt als verrückt. Trotzdem hat jeder von ihnen einen Weg zur Kunst gefunden und oft erst im hohen Alter begonnen zu malen: mit Ruß oder Buntstiften, Öl- oder Acrylfarben auf Leinwand, Sperrholz, Papier oder Karton. Entstanden sind einzigartige, berührende Bilder, die oftmals neben den Werken der berühmten Maler des 20. Jahrhunderts bestehen können. Über viele Jahrzehnte hat der aus Leipzig stammende Egon Hassbecker (1924–2013) mit seiner Lebensgefährtin Barbara Schulz in ganz Europa Bilder der sogenannten Außenseiterkunst gesammelt. Seit 1982 wird diese Sammlung Hassbecker, die mehrere tausend Werke zählt, im Museum Haus Cajeth in Heidelberg gezeigt. In unserer Sommerausstellung 2017 präsentieren wir an die hundert Bilder, drei Skulpturen und ein Flugzeug.

Faltblatt mit Begleitprogramm

Palmyra - Zerstörte Erinnerung

Durch die Morde und Zerstörungen des sogenannten „Islamischen Staates“ hat die syrische Ruinenstätte Palmyra 2015 traurige Berühmtheit erlangt. Große Teile dieses UNESCO Welterbes sind verloren. Palmyra ist auf diese Weise zu einem Symbol geworden, das unablässig die Frage nach den Fundamenten und der Zerbrechlichkeit kultureller Identität stellt.

Die antike Oasenstadt Palmyra war in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten ein wichtiges Handelszentrum. Dank ihrer verkehrsgünstigen Lage an der Seidenstraße fungierte die Stadt als Umschlagplatz wertvoller Güter aus dem arabischen Raum. Am Schnittpunkt zwischen Rom und dem Partherreich entwickelte sich eine ganz eigene palmyrenische Kultur mit besonderer Religion, Sprache und Architektur.

Seit dem 18. Jahrhundert dokumentierten Reisende wie Robert Wood (1716/17–1771) oder Léon de Laborde (1807–1869) detailgetreu den Zustand der Ruinenstätte. Woods aufwendiges Tafelwerk „The Ruins of Palmyra“ (1753/57) beeinflusste die Gestaltung der Bauten im Wörlitzer Park oder des Stadtschlosses von Weimar.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das von Dieter Cöllen geschaffene Korkmodell des 2015 gesprengten Bel-Tempels. Gezeigt werden aber auch Reste antiker Grabmonumente, Ansichten Palmyras aus den Werken von Wood und Laborde, Zeugnisse des neuzeitlichen Tourismus und Fotografien der zerstörten Stätten von dem Fotoreporter Joseph Eid.

Faltblatt mit Begleitprogramm

Im Chaos unserer Zeit

Conrad Felixmüller (1897–1977) war einer der schärfsten Beobachter im 20. Jahrhundert. Wie kaum ein Zweiter rückte der Dresdner Künstler den Menschen in den Mittelpunkt seines vielfältigen Schaffens. Vom Krieg gebrochene Soldaten, Arbeiter in ihren Fabriken, eng aneinandergeschmiegte Liebespaare: Selten kommt der Betrachter dem Glück, Leid und Alltag der Menschen so nahe wie auf Felixmüllers Bildern. Daneben stehen ausdrucksvolle Porträts seiner Familie und seiner Künstlerfreunde.

Felixmüller galt als Wunderkind. Beeinflusst von den „Brücke“-Malern und dem Kubismus prägte der politisch engagierte Künstler in den 1920er Jahren den Stil der Neuen Sachlichkeit. Während der Diktatur der Nationalsozialisten waren seine Werke verschmäht, doch konnte sich Felixmüller mit Hilfe von Sammlern wie dem späteren Direktor des Lindenau-Museums, Hanns-Conon von der Gabelentz, über Wasser halten. Ihm ist es auch zu verdanken, dass der Künstler nach dem Krieg wieder Beachtung fand und ein immenses Spätwerk hinterlassen konnte.

Das Oeuvre Conrad Felixmüllers bildet einen Sammlungsschwerpunkt des Lindenau-Museums. Herausragende Gemälde aus dem Frühwerk werden nun erstmals seit 20 Jahren zusammen mit Zeichnungen, Grafiken und Werken aus der Sammlung Gabelentz in Altenburg gezeigt. Im Zentrum der Bilder steht der zweifelnde, hoffende, an sein Leben sich klammernde Mensch.

Die Ausstellung steht im Andenken an Hanns-Conon von der Gabelentz (1892–1977), dessen Geburtstag sich am 10. November 2017 zum 125. Male jährt. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte er das Lindenau-Museum Altenburg bis 1969 als Direktor in unruhigen Zeiten mit Umsicht einer besseren Zukunft entgegen.

EINBLICKE Malerei, Grafik, Keramik und Plastik aus Kursen des Studios Bildende Kunst

Eike Riedel, Kurs Malerei und Grafik bei Prof. Peter Schnürpel

Als Bernhard von Lindenau, inspiriert von den Ideen der Aufklärung, im Jahr 1848 mit seinem Museum auf dem Pohlhof zugleich eine Museumsschule für Unterricht im Zeichnen und Modellieren eröffnete, hatte er junge Männer im Blick, die einen Handwerksberuf erlernten. Seine Intention war, „Mitbürger durch das Beschauen von Kunstwerken und Unterricht in Kunstfertigkeit für classische Kunst empfänglich zu machen, um eine gelungene Bildung für angewandte Mathematik und höhere Technik zu ermöglichen“.
Von dieser Idee geleitet ist das Studio heute ein zeitgemäßer Ort für künstlerische Betätigung. Lindenau wäre wohl überrascht, könnte er einen Blick in die Ateliers werfen, wo sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Klinke in die Hand geben und sich neugierig, fröhlich, aber auch sehr ernsthaft der bildenden Kunst nähern.

Die Ausstellung gibt Einblicke in die Arbeit der Malerei-Grafik-Kurse und der Kurse für Keramik und Plastik, an denen jüngere und ältere Erwachsene teilnehmen. Die Exponate sind vorrangig in den letzten beiden Jahren entstanden, einige zu den Jahresthemen des Studios: „Blau“ (2015) und „Fenster“ (2016).

Zu danken ist den Dozenten, die seit vielen Jahren regelmäßig in den Kursen arbeiten und immer wieder neue Impulse geben: dem Maler und Grafiker Prof. Peter Schnürpel, der Gefäßgestalterin Carla Pinkert, dem Textildesigner Gerd Rödel und dem Keramiker und Maler Frank Steenbeck.

Faltblatt mit Begleitprogramm

ALTENBOURG IN ALTENBURG. Die Schenkung Pfäffle und die Stiftung Gerhard Altenbourg

Der umfangreiche Bestand an Werken Gerhard Altenbourgs (1926 – 1989) im Lindenau-Museum konnte im vergangenen Jahr erneut erweitert werden: 25 herausragende Arbeiten – mit einer Ausnahme Zeichnungen aus allen Schaffensphasen Altenbourgs – umfasst die Schenkung von Dr. Suse und Dr. Werner Pfäffle. Anlässlich des 90. Geburtstags des Künstlers am 22. November 2016 präsentieren wir die „Schenkung Pfäffle“ in einer großen Sonderausstellung.
Zugleich stellen wir die 2002 gegründete Stiftung Gerhard Altenbourg vor, die seit 2013 in enger Kooperation mit dem Lindenau-Museum geführt wird. Die Stiftung betreut und erschließt systematisch den Nachlass des Künstlers, zu dem untrennbar das Wohnhaus Altenbourgs gehört, das er über die Jahre zu einem Gesamtkunstwerk geformt hat. Kaum eine Wandfläche, kaum eine Tür, die er nicht gestaltet hätte. Einige dieser Werkstücke werden in der Ausstellung mit den zugehörigen Entwürfen zu sehen sein.
Zwei fotografische Serien binden die Exponate in ihren ursprünglichen Zusammenhang ein: Kurz nach Altenbourgs Tod machte der Dresdner Fotograf Ulrich Lindner Aufnahmen im Altenbourg-Haus. Claus Bach dokumentierte 2013 auf einem Streifzug durch Haus und Garten des Künstlers die Poesie dieses einzigartigen Ensembles.
Eine Auswahl aus der Bibliothek Altenbourgs mit Werken der für sein Schaffen maßgeblichen Autoren wie Theodor Däubler oder Johannes Bobrowski sowie der Film „Die Brücke – Tagträume und Nachtbilder. Der Maler Gerhard Altenbourg“ (1990) von Marie-Luise Rohde runden die Ausstellung ab.

Die Ausstellung wird kuratiert von Lucius Grisebach. Es erscheinen zwei begleitende Kataloge.